Dreiundzwanzigstes Kapitel
Was Rex da schrieb, hatte doch ein Gutes gehabt; Woldemar, erheitert bei dem Gedanken, sich durch Ralph Waddington in ein Tabernakel eingeführt zu sehn, sah sich mit einemmale einer gewissen Abspannung entrissen und war froh darüber, denn er brauchte durchaus Stimmung, um noch einige Briefe zu schreiben. Das ging ihm nun leichter von der Hand, und als elf Uhr kaum heran war, war alles erledigt.
Der andre Morgen sah ihn selbstverständlich früh auf. Fritz war um ihn her und half, wo noch zu helfen war. »Und nun, Fritz,« so waren Woldemars letzte Worte, »sieh nach dem Rechten. Schicke mir nichts nach; Zeitungen wirf weg. Und die drei Briefe hier, wenn ich fort bin, die tue sofort in den Kasten … Ist die Droschke schon da?«
»Zu Befehl, Herr Rittmeister.«
»Na, dann mit Gott. Und jeden Tag lüften. Und paß auf die Pferde.«
Damit verabschiedete sich Woldemar.
Von den drei Briefen war einer nach Stechlin hin adressiert. Er traf, weil er noch mit dem ersten Zuge fort konnte, gleich nach Tische bei dem Alten ein und lautete:
»Mein lieber Papa. Wenn Du diese Zeilen erhältst, sind wir schon auf dem Wege. ›Wir,‹ das will sagen, unser Oberst, unser zweitältester Stabsoffizier, ich und zwei jüngere Offiziere. Aus Deinen eignen Soldatentagen her kennst Du den Charakter solcher Abordnungen. Nachdem wir ›Regiment Königin von Großbritannien und Irland‹ geworden sind, war dies ›uns drüben vorstellen‹ nur noch eine Frage der Zeit. Dieser Mission beigesellt zu sein ist selbstverständlich eine große Ehre für mich, doppelt, wenn ich die Namen, über die wir in unserm Regiment Verfügung haben, in Erwägung ziehe. Die Zeiten, wo man das Wort ›historische Familie‹ betonte, sind vorüber. Auch an Tante Adelheid hab ich in dieser Sache geschrieben. Was mir persönlich an Glücksgefühl vielleicht noch fehlen mag, wird sie leicht aufbringen. Und ich freue mich dessen, weil ich ihr, alles in allem, doch so viel verdanke. Daß ich mich von Berlin gerade jetzt nicht gerne trenne, sei nur angedeutet; Du wirst den Grund davon unschwer erraten. Mit besten Wünschen für Dein Wohl, unter herzlichen Grüßen an Lorenzen, wie immer Dein Woldemar.«
Dubslav saß am Kamin, als ihm Engelke den Brief brachte. Nun war der Alte mit dem Lesen durch und sagte: »Woldemar geht nach England. Was sagst du dazu, Engelke?«
»So was hab ich mir all immer gedacht.«
»Na, dann bist du klüger gewesen als ich. Ich habe mir gar nichts gedacht. Und nu noch drei Tage, so stellt er sich mit seinem Oberst und seinem Major vor die Königin von England hin und sagt: ›Hier bin ich.‹«
»Ja, gnädger Herr, warum soll er nich?«
»Is auch 'n Standpunkt. Und vielleicht sogar der richtige. Volksstimme, Gottesstimme. Na, nu geh mal zu Pastor Lorenzen und sag ihm, ich ließ ihn bitten. Aber sage nichts von dem Brief; ich will ihn überraschen. Du bist mitunter ne alte Plappertasche.«
Schon nach einer halben Stunde war Lorenzen da.
»Haben befohlen …«
»Haben befohlen. Ja, das ist gerade so das Richtige; sieht mir ähnlich … Nun, Lorenzen, schieben Sie sich mal nen Stuhl ran, und wenn Engelke nicht geplaudert hat (denn er hält nicht immer dicht), so hab ich eine richtige Neuigkeit für Sie. Woldemar ist nach England …«
»Ah, mit der Abordnung.«
»Also wissen Sie schon davon?«
»Nein, ausgenommen das eine, daß eine Deputation oder Gesandtschaft beabsichtigt sei. Das las ich, und dabei hab ich dann freilich auch an Woldemar gedacht.«
Dubslav lachte. »Sonderbar. Engelke hat sich so was gedacht, Lorenzen hat sich auch so was gedacht. Nur der eigne Vater hat an gar nichts gedacht.«
»Ach, Herr von Stechlin, das ist immer so. Väter sind Väter und können nie vergessen, daß die Kinder Kinder waren. Und doch hört es mal auf damit. Napoleon war mit zwanzig ein armer Leutnant und an Ansehn noch lange kein Stechlin. Und als er so alt war wie jetzt unser Woldemar, ja, da stand er schon zwischen Marengo und Austerlitz.«
»Hören Sie, Lorenzen, Sie greifen aber hoch. Meine Schwester Adelheid wird sich Ihnen übrigens wohl anschließen und von heut ab eine neue Zeitrechnung datieren. Ich nehm es ruhiger, trotzdem ich einsehe, daß es nach großer Auszeichnung schmeckt. Und ist er wieder zurück, dann wird er auch allerlei Gutes davon haben. Aber so lang er drüben ist! Ich trau der Sache nicht. Von Behagen jedenfalls keine Rede. Die Vettern sind nun mal nicht zufriedenzustellen; vielleicht ärgern sie sich, daß es draußen in der Welt auch noch ein ›Regiment Königin von Großbritannien und Irland‹ gibt. Das besorgen sie sich lieber selbst und nehmen so was, wenn andre damit kommen, wie ne Prätension. Wie stehen denn Sie dazu? Sie haben die Beefeaters vielleicht in Ihr Herz geschlossen wegen der vielen Dissenter. Ein Kardinal, der freilich auch noch Gourmand war, soll mal gesagt haben: ›Schreckliches Volk; hundert Sekten und bloß eine Sauce.‹«
»Ja,« lachte Lorenzen, »da bin ich freilich für die ›Beefeaters‹, wie Sie sagen, und gegen den Kardinal. Das mit den hundert Sekten laß ich auf sich beruhn (mein Geschmack, beiläufig, ist es nicht), aber unter allen Umständen bin ich für höchstens eine Sauce. Das ist das einzig Richtige, weil Gesunde. Die Dinge müssen in sich etwas sein, und wenn das zutrifft, so ist eigentlich jede Sauce, und nun gar erst die Sauce im Plural, von vornherein schon gerichtet. Aber lassen wir den Kardinal und seine Gewagtheiten und nehmen wir den Gegenstand seiner Abneigung: England. Es hat für mich eine Zeit gegeben, wo ich bedingungslos dafür schwärmte. Nicht zu verwundern. Hieß es doch damals in dem ganzen Kreise, drin ich lebte: ›Ja, wenn wir England nicht mehr lieben sollen, was sollen wir dann überhaupt noch lieben?‹ Diese halbe Vergötterung hab ich noch ehrlich mit durchgemacht. Aber das ist nun eine hübsche Weile her. Sie sind drüben schrecklich runtergekommen, weil der Kult vor dem goldenen Kalbe beständig wächst; lauter Jobber und die vornehme Welt obenan. Und dabei so heuchlerisch; sie sagen ›Christus‹ und meinen Kattun.«
»Is leider so, wenigstens nach dem bißchen, was ich davon weiß. Und alles in allem, und neuerdings erst recht, bin ich deshalb immer für Rußland gewesen. Wenn ich da so an unsern Kaiser Nikolaus zurückdenke und an die Zeit, wo seine Uniform als Geschenk bei uns eintraf und dann als Kirchenstück in die Garnisonskirche kam. Natürlich in Potsdam. Wir haben zwar die Reliquien abgeschafft, aber wir haben sie doch auf unsre Art, und ganz ohne so was geht es nu mal nicht. Mit dem alten Fritzen fing es natürlich an. Wir haben seinen Krückstock und den Dreimaster und das Taschentuch (na, das hätten sie vielleicht weglassen können), und zu den drei Stücken haben wir nu jetzt auch noch die Nikolaus-Uniform.«
Lorenzen sah verlegen vor sich hin; etwas dagegen sagen ging nicht, und zustimmen noch weniger.
Dubslav aber fuhr fort: »Und dann sind sie da forscher in Petersburg und geht alles mehr aus dem Vollen, auch wenn die besten Steine mitunter schon rausgebrochen sind. So was kommt vor; is eben noch ein Naturvolk. Ich kann das ›Schenken‹ eigentlich nicht leiden, es hat so was von Bestechung und sieht aus wie'n Trinkgeld. Und Trinkgeld ist noch schlimmer als Bestechung und paßt mir eigentlich ganz und gar nicht. Aber es hat doch auch wieder was Angenehmes, solche Tabatiere. Wenn es einem gut geht, ist es ein Familienstück, und wenn es einem schlecht geht, ist es ne letzte Zuflucht. Natürlich, ein ganz reinliches Gefühl hat man nicht dabei.«
Lorenzen blieb eine volle Stunde. Der Alte war immer froh, wenn sich ihm Gelegenheit bot, sich mal ausplaudern zu können, und heute standen ja die denkbar besten Themata zur Verfügung: Woldemar, England, Kaiser Nikolaus und dazwischen Tante Adelheid, über die zwar immer nur kurze Worte fielen, aber doch so, daß sie, weil spöttisch, die gute Laune des Alten wesentlich steigerten.
Und in dieser guten Laune war er auch noch, als er um die fünfte Stunde seinen Eichenstock und seinen eingeknautschten Filzhut vom Riegel nahm, um am See hin, in der Richtung auf Globsow zu, seinen gewöhnlichen Spaziergang zu machen. Unmittelbar am Südufer, da wo die Wand steil abfiel, befand sich eine von Buchenzweigen überdachte Steinbank. Das war sein Lieblingsplatz. Die Sonne stand schon unterm Horizont, und nur das Abendrot glühte noch durch die Bäume. Da saß er nun und überdachte sein Leben, Altes und Neues, seine Kindheits- und seine Leutnantstage, die Tage kurz vor seiner Verheiratung, wo das junge, blasse Fräulein, das seine Frau werden sollte, noch Lieblingshofdame bei der alten Prinzeß Karl war. All das zog jetzt wieder an ihm vorüber, und dazwischen seine Schwester Adelheid, in jenen Tagen noch leidlich gut bei Weg, aber auch schon hart und herbe wie heute, so daß sie den reizenden Kerl, den Baron Krech, bloß weil er über ein schon halbabgestorbenes ›Verhältnis‹ und eine freilich noch fortlebende Spielschuld verfügte, durch ihre Tugend weggegrault hatte. Das waren die alten Geschichten. Und dann wurde Woldemar geboren, und die junge Frau starb, und der Junge wuchs heran und lernte bei Lorenzen all das dumme Zeug, das Neue (dran vielleicht doch was war), und nun fuhr er nach England rüber und war vielleicht schon in Köln und in ein paar Stunden in Ostende.
Dabei sah er vor sich hin und malte mit seinem Stock Figuren in den Sand. Der Wald war ganz still; auf dem See schwanden die letzten roten Lichter, und aus einiger Entfernung klangen Schläge herüber, wie wenn Leute Holz fällen. Er hörte mit halbem Ohr hin und sah eben auf die von Globsow her heraufführende schmale Straße, als er einer alten Frau von wohl siebzig gewahr wurde, die, mit einer mit Reisig bepackten Kiepe, den leis ansteigenden Weg heraufkam, etliche Schritte vor ihr ein Kind mit ein paar Enzianstauden in der Hand. Das Kind, ein Mädchen, mochte zehn Jahr sein, und das Licht fiel so, daß das blonde wirre Haar wie leuchtend um des Kindes Kopf stand. Als die Kleine bis fast an die Bank heran war, blieb sie stehn und erwartete da das Näherkommen der alten Frau. Diese, die wohl sah, daß das Kind in Furcht oder doch in Verlegenheit war, sagte: »Geih man vorupp, Agnes; he deiht di nix.«
Das Kind, sich bezwingend, ging nun auch wirklich, und während es an der Bank vorüberkam, sah es den alten Herrn mit großen, klugen Augen an.
Inzwischen war auch die Alte herangekommen.
»Na, Buschen,« sagte Dubslav, »habt Ihr denn auch bloß Bruchholz in Eurer Kiepe? Sonst packt Euch der Förster.«
Die Alte griente. »Jott, jnädiger Herr, wenn Se doabi sinn, denn wird he joa woll nich.«
»Na, ich denk auch; is immer nich so schlimm. Und wer is denn das Kind da?«
»Dat is joa Karlinens.«
»So, so, Karlinens. Is sie denn noch in Berlin? Und wird er sie denn heiraten? Ich meine den Rentsch in Globsow.«
»Ne, he will joa nich.«
»Is aber doch von ihm?«
»Joa, se seggt so. Awers he seggt, he wihr et nich.«
Der alte Dubslav lachte. »Na, hört, Buschen, ich kann's ihm eigentlich nich verdenken. Der Rentsch is ja doch ein ganz schwarzer Kerl. Un nu seht Euch mal das Kind an.«
»Dat hebb ick ehr ook all seggt. Und Karline weet et ook nich so recht un lacht man ümmer. Un se brukt em ook nich.«
»Geht es ihr denn so gut?«
»Joa; man kann et binah seggen. Se plätt't ümmer. Alle so'ne plätten ümmer. Ick wihr oak dissen Summer mit Agnessen (se heet Agnes) in Berlin, un doa wihr'n wi joa tosamen in'n Zirkus. Ud Karline wihr ganz fidel.«
»Na, das freut mich. Und Agnes, sagt Ihr, heißt sie. Is ein hübsches Kind.«
»Joa, det is se. Un is ook en gaudes Kind; se weent gliks un is immer so patschlich mit ehre lütten Hänn'. Sünne sinn immer so.«
»Ja, das is richtig. Aber Ihr müßt aufpassen, sonst habt Ihr nen Urenkel, Ihr wißt nicht wie. Na, gu'n Abend, Buschen.«
»'n Abend, jnädger Herr.«
Vierundzwanzigstes Kapitel
Der Baron Berchtesgadensche Wagen fuhr am Kronprinzenufer vor, und die Baronin, als sie gehört hatte, daß die Herrschaften oben zu Hause seien, stieg langsam die Treppe hinauf, denn sie war nicht gut zu Fuß und ein wenig asthmatisch. Armgard und Melusine begrüßten sie mit großer Freude. »Wie gut, wie hübsch, Baronin,« sagte Melusine, »daß wir Sie sehn. Und wir erwarten auch noch Besuch. Wenigstens ich. Ich habe solch Kribbeln in meinem kleinen Finger, und dann kommt immer wer. Wrschowitz gewiß (denn er war drei Tage lang nicht hier) und vielleicht auch Professor Cujacius. Und wenn nicht der, so Doktor Pusch, den Sie noch nicht kennen, trotzdem Sie ihn eigentlich kennen müßten, – noch alte Bekanntschaft aus Londoner Tagen her. Möglicherweise kommt auch Frommel. Aber vor allem, Baronin, was bringen Sie für Wetter mit? Lizzi sagte mir eben, es neble so stark, man könne die Hand vor Augen nicht sehn.«
»Lizzi hat Ihnen ganz recht berichtet, der richtige London fog, wobei mir natürlich Ihr Freund Stechlin einfällt. Aber über den sprechen wir nachher. Jetzt sind wir noch beim Nebel. Es war draußen wirklich so, daß ich immer dachte, wir würden zusammenfahren; und am Brandenburger Tor, mit den großen Kandelabern dazwischen, sah es beinah aus wie ein Bild von Skarbina. Kennen Sie Skarbina?«
»Gewiß,« sagte Melusine, »den kenn ich sehr gut. Aber allerdings erst von der letzten Ausstellung her. Und was, außer den Gaslaternen im Nebel, mir so eigentlich von ihm vorschwebt, das ist ein kleines Bild: langer Hotelkorridor, Tür an Tür, und vor einer der vielen Türen ein paar Damenstiefelchen. Reizend. Aber die Hauptsache war doch die Beleuchtung. Von irgendwoher fiel ein Licht ein und vergoldete das Ganze, den Flur und die Stiefelchen.«
»Richtig,« sagte die Baronin. »Das war von ihm. Und gerade das hat Ihnen so sehr gefallen?«
»Ja. Was auch natürlich ist. In meinen italienischen Tagen – wenn ich von ›italienischen Tagen‹ spreche, so meine ich übrigens nie meine Verheiratungstage; während meiner Verheiratungstage hab ich Gott sei Dank so gut wie gar nichts gesehn, kaum meinen Mann, aber freilich immer noch zu viel –, also während meiner italienischen Tage hab ich vor so vielen Himmelfahrten gestanden, daß ich jetzt für Stiefeletten im Sonnenschein bin.«
»Ganz mein Fall, liebe Melusine. Freilich bin ich jetzt nebenher auch noch fürs Japanische: Wasser und drei Binsen und ein Storch daneben. In meinen Jahren darf ich ja von Storch sprechen. Früher hätt ich vielleicht Kranich gesagt.«
»Nein, Baronin, das glaub ich Ihnen nicht. Sie waren immer für das, was sie jetzt Realismus nennen, was meistens mehr Ton und Farbe hat, und dazu gehört auch der Storch. Deshalb lieb ich Sie ja gerade so sehr. Ach, daß doch das Natürliche wieder obenauf käme.«
»Kommt, liebe Melusine.«
Melusinens kribbelnder kleiner Finger behielt recht. Es kam wirklich Besuch, erst Wrschowitz, dann aber – statt der drei, die sie noch nebenher gemutmaßt hatte – nur Czako.
Der Empfang des einen wie des andern der beiden Herren hatte vorn im Damenzimmer stattgefunden, ohne Gegenwart des alten Grafen. Dieser erschien erst, als man zum Tee ging; er hieß seine Gäste herzlich willkommen, weil er jederzeit das Bedürfnis hatte, von dem, was draußen in der Welt vorging, etwas zu hören. Dafür sorgte denn auch jeder auf seine Weise: die Baronin durch Mitteilungen aus der oberen Gesellschaftssphäre, Czako durch Avancements und Demissionen und Wrschowitz durch »Krittikk.« Alles, was zur Sprache kam, hatte für den alten Grafen so ziemlich den gleichen Wert, aber das Liebste waren ihm doch die Hofnachrichten, die die Baronin mit glücklicher Ungeniertheit zum besten gab. Wendungen wie »ich darf mich wohl Ihrer Diskretion versichert halten« waren ihr gänzlich fremd. Sie hatte nicht bloß ganz allgemein den Mut ihrer Meinung, sondern diesen Mut auch in betreff ihrer jedesmaligen Spezialgeschichte, von der man in der Regel freilich sagen durfte, daß sie desselben auch dringend bedürftig war.
»Sagen Sie, liebe Freundin,« begann der alte Graf, »was wird das jetzt so eigentlich mit den Briefen bei Hofe?«
»Mit den Briefen? O, das wird immer schöner.«
»Immer schöner?«
»Nun, immer schöner,« lachte hier die Baronin, »ist vielleicht nicht gerade das rechte Wort. Aber es wird immer geheimnisvoller. Und das Geheimnisvolle hat nun mal das, worauf es ankommt, will sagen den Charme. Schon die beliebte Wendung ›rätselhafte Frau‹ spricht dafür; eine Frau, die nicht rätselhaft ist, ist eigentlich gar keine, womit ich mir persönlich freilich eine Art Todesurteil ausspreche. Denn ich bin alles, nur kein Rätsel. Aber am Ende, man ist, wie man ist, und so muß ich dies Manko zu verwinden suchen … Es heißt immer, ›üble Nachrede, drin man sich mehr oder weniger mit Vorliebe gefalle, sei was Sündhaftes‹. Aber was heißt hier ›üble Nachrede‹? Vielleicht ist das, was uns so bruchstückweise zu Gehör kommt, nur ein schwaches Echo vom Eigentlichen und bedeutet eher ein Zuwenig als ein Zuviel. Im übrigen, wie's damit auch sei, mein Sinn ist nun mal auf das Sensationelle gerichtet. Unser Leben verläuft, offen gestanden, etwas durchschnittsmäßig, also langweilig, und weil dem so ist, setz ich getrost hinzu: ›Gott sei Dank, daß es Skandale gibt.‹ Freilich für Armgard ist so was nicht gesagt. Die darf es nicht hören.«
»Sie hört es aber doch,« lachte die Komtesse, »und denkt dabei: was es doch für sonderbare Neigungen und Glücke gibt. Ich habe für dergleichen kein Organ. Unsre teure Baronin findet unser Leben langweilig und solche Chronik interessant. Ich, umgekehrt, finde solche Chronik langweilig und unser alltägliches Leben interessant. Wenn ich den Rudolf unsers Portier Hartwig unten mit seinem hoop und seinen dünnen langen Berliner Beinen über die Straße laufen sehe, so find ich das interessanter als diese sogenannte Pikanterie.«
Melusine stand auf und gab Armgard einen Kuß. »Du bist doch deiner Schwester Schwester, oder mein Erziehungsprodukt, und zum erstenmal in meinem Leben muß ich meine teure Baronin ganz im Stiche lassen. Es ist nichts mit diesem Klatsch; es kommt nichts dabei heraus.«
»Ach, liebe Melusine, das ist durchaus nicht richtig. Es kommt umgekehrt sehr viel dabei heraus. Ihr Barbys seid alle so schrecklich diskret und ideal, aber ich für mein Teil, ich bin anders und nehme die Welt, wie sie ist; ein Bier und ein Schnaderhüpfl und mal ein Haberfeldtreiben, damit kommt man am weitesten. Was wir da jetzt hier erleben, das ist auch solch Haberfeldtreiben, ein Stück Feme.«
»Nur keine heilige.«
»Nein,« sagte die Baronin, »keine heilige. Die Feme war aber auch nicht immer heilig. Habe mir da neulich erst den Götz wieder angesehn, bloß wegen dieser Szene. Die Poppe beiläufig vorzüglich. Und der schwarze Mann von der Feme soll im Urtext noch viel schlimmer gewesen sein, so daß man es (Goethe war damals noch sehr jung) eigentlich kaum lesen kann. Ich würde mir's aber doch getrauen. Und nun wend ich mich an unsre Herren, die dies diffizile Kampffeld, ich weiß nicht ritterlicher- oder unritterlicherweise, mir ganz allein überlassen haben. Doktor Wrschowitz, wie denken Sie darüber?«
»Ich denke darüber ganz wie gnädige Frau. Was wir da lesen wie Runenschrift … nein, nicht wie Runenschrift … (Wrschowitz unterbrach sich hier mißmutig über sein eignes Hineingeraten ins Skandinavische) – was wir da lesen in Briefen vom Hofe, das ist Krittikk. Und weil es Krittikk ist, ist es gutt. Mag es auch sein Mißbrauch von Krittikk. Alles hat Mißbrauch. Gerechtigkeit hat Mißbrauch, Kirche hat Mißbrauch, Krittikk hat Mißbrauch. Aber trotzdem. Auf die Feme kommt es an, und das große Messer muß wieder stecken im Baum.«
»Brrr,« sagte Czako, was ihm einen ernsten Augenaufschlag von Wrschowitz eintrug. –
Als man sich nach einer halben Stunde von Tisch erhoben hatte, wechselte man den Raum und begab sich in das Damenzimmer zurück, weil der alte Graf etwas Musik hören und sich von Armgards Fortschritten überzeugen wollte. »Doktor Wrschowitz hat vielleicht die Güte, dich zu begleiten.«
So folgte denn ein Quatremains, und als man damit aufhörte, nahm der alte Barby Veranlassung, seiner Vorliebe für solch vierhändiges Spiel Ausdruck zu geben, was Wrschowitz, dessen Künstlerüberheblichkeit keine Grenzen kannte, zu der ruhig lächelnden Gegenbemerkung veranlaßte, daß man dieser Auffassung bei Dilettanten sehr häufig begegne. Der alte Graf, wenig befriedigt von dieser »Krittikk«, war doch andrerseits viel zu vertraut mit Künstlerallüren im allgemeinen und mit den Wrschowitzschen im besonderen, um sich ernstlich über solche Worte zu verwundern. Er begnügte sich vielmehr mit einer gemessenen Verbeugung gegen den Musikdoktor und zog, auf einer nebenstehenden Causeuse Platz nehmend, die gute Frau von Berchtesgaden ins Gespräch, von der er wußte, daß ihre Munterkeiten nie den Charakter »goldener Rücksichtslosigkeiten« annahmen.
Wrschowitz seinerseits war an dem aufgeklappten Flügel stehen geblieben, ohne jede Spur von Verlegenheit, so daß ein Sichkümmern um ihn eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Trotzdem hielt es Czako für angezeigt, sich seiner anzunehmen und dabei die herkömmliche Frage zu tun, »ob er, der Herr Doktor Wrschowitz, sich schon in Berlin eingelebt habe«.
»Hab ich,« sagte Wrschowitz kurz.
»Und beklagen es nicht, Ihr Zelt unter uns aufgeschlagen zu haben?«
»Au contraire. Berlin eine schöne Stadt, eine serr gutte Stadt. Eine serr gutte Stadt pour moi en particulier et pour les étrangers en général. Eine serr gutte Stadt, weil es hat Musikk und weil es hat Krittikk.«
»Ich bin beglückt, Doktor Wrschowitz, speziell aus Ihrem Munde so viel Gutes über unsre Stadt zu hören. Im allgemeinen ist die slawische, besonders die tschechische Welt …«
»O, die tschechische Welt. Vanitas vanitatum.«
»Es ist sehr selten, in nationalen Fragen einem so freien Drüberstehn zu begegnen … Aber wenn es Ihnen recht ist, Doktor Wrschowitz, wir stehen hier wie zwei Schildhalter neben diesem aufgeklappten Klavier, – vielleicht daß wir uns setzen könnten. Gräfin Melusine lugt ohnehin schon nach uns aus.« Und als Wrschowitz seine Zustimmung zu diesem Vorschlage Czakos ausgedrückt hatte, schritten beide Herren vom Klavier her auf den Kamin zu, vor dem sich die Gräfin auf einem Fauteuil niedergelassen hatte. Neben ihr stand ein Marmortischchen, drauf sie den linken Arm stützte.
»Nun endlich, Herr von Czako. Vor allem aber rücken Sie Stühle heran. Ich sah die beiden Herren in einem anscheinend intimen Gespräche. Wenn es sich um etwas handelte, dran ich teilnehmen darf, so gönnen Sie mir diesen Vorzug. Papa hat sich, wie Sie sehn, mit der Baronin engagiert, ich denke mir über berechtigte bajuvarische Eigentümlichkeiten, und Armgard denkt über ihr Spiel nach und all die falschen Griffe. Was müssen Sie gelitten haben, Wrschowitz. Und nun noch einmal, Hauptmann Czako, worüber plauderten Sie?«
»Berlin.«
»Ein unerschöpfliches Thema für die Medisance.«
»Worauf Doktor Wrschowitz zu meinem Staunen verzichtete. Denken Sie sich, gnädigste Gräfin, er schien alles loben zu wollen. Allerdings waren wir erst bei Musik und Kritik. Über die Menschen noch kein Wort.«
»O, Wrschowitz, das müssen Sie nachholen. Ein Fremder sieht mehr als ein Einheimischer. Also frei weg und ohne Scheu. Wie sind die Vornehmen? Wie sind die kleinen Leute?«
Wrschowitz wiegte den Kopf hin und her, als ob er überlege, wie weit er in seiner Antwort gehen könne. Dann mit einem Male schien er einen Entschluß gefaßt zu haben und sagte: »Oberklasse gutt, Unterklasse serr gutt; Mittelklasse nicht serr gutt.«
»Kann ich zustimmen,« lachte Melusine. »Fehlen nur noch ein paar Details. Wie wär es damit?«
»Mittelklassberliner findet gutt, was er sagt, aber findet nicht gutt, was sagt ein andrer.«
Czako, trotzdem er sich getroffen fühlte, nickte.
»Mittelklassberliner, wenn spricht andrer, fällt in Krampf. In versteckten Krampf oder auch in nicht versteckten Krampf. In verstecktem Krampf ist er ein Bild des Jammers, in nicht verstecktem Krampf ist er ein Affront.«
»Brav, Wrschowitz. Aber mehr. Ich bitte.«
»Berliner immer an der Tete. So wenigstens glaubt er. Berliner immer Held. Berliner weiß alles, findet alles, entdeckt alles. Erst Borsig, dann Stephenson, erst Rudolf Hertzog, dann Herzog Rudolf, erst Pfefferküchler Hildebrand, dann Papst Hildebrand.«
»Nicht geschmeichelt, aber ähnlich. Und nun, Wrschowitz, noch eins, dann sind Sie wieder frei … Wie sind die Damen?«
»Ach, gnädigste Gräfin …«
»Nichts, nichts. Die Damen.«
»Die Damen. O, die Damen serr gutt. Aber nicht speziffisch. Speziffisch in Berlin bloß die Madamm.«
»Da bin ich aber doch neugierig.«
»Speziffisch bloß die Madamm. Ich war, gnädigste Gräfin, in Pettersburg und ich war in Moscou. Und war in Budapest. Und war auch in Saloniki. Ah, Saloniki! Schöne Damen von Helikon und schöne Damen von Libanon, hoch und schlank wie die Zeder. Aber keine Madamm. Madamm nirgendwo; Madamm bloß in Berlin.«
»Aber Wrschowitz, es müssen doch schließlich Ähnlichkeiten da sein. Eine Madamm ist doch immerhin auch eine Dame, wenigstens eine Art Dame. Schon das Wort spricht es aus.«
»Nein, gnäddigste Gräfin; rien du tout Dame! Dame denkt an Galan, Dame denkt an Putz; oder vielleicht auch an Divorçons. Aber Madamm denkt bloß an Rieke draußen und mitunter auch an Paul. Und wenn sie zu Paul spricht, der ihr Jüngster ist, so sagt sie: ›Jott, dein Vater.‹ Oh, die Madamm! Einige sagen, sie stürbe aus, andre sagen, sie stürbe nie.«
»Wrschowitz,« sagte Melusine, »wie schade, daß die Baronin und Papa nicht zugehört haben und daß unser Freund Stechlin, der solche Themata liebt, nicht hier ist. Übrigens hatten wir heut ein Telegramm von ihm. Haben Sie vielleicht auch Nachricht, Herr Hauptmann?«
»Heute, gnädigste Gräfin. Und auch ein Telegramm. Ich hab es mitgebracht, weil ich an die Möglichkeit dachte …«
»Bitte, lesen.«
Und Czako las: »London, Charing Croß-Hotel. Alles über Erwarten groß. Sieben unvergeßliche Tage. Richmond schön. Windsor schöner. Und die Nelsonsäule vor mir. Ihr v. St.«
Melusine lachte. »Das hat er uns auch telegraphiert.«
»Ich fand es wenig,« stotterte Czako verlegen, »und als Doublette find ich es noch weniger. Und ein Mann wie Stechlin, ein Mann in Mission! Und jetzt sogar unter den Augen Ihrer Majestät von Großbritannien und Indien.«
Alles stimmte dem, »daß es wenig sei«, zu. Nur der alte Graf wollte davon nichts wissen.
»Was verlangt ihr? Es ist umgekehrt ein sehr gutes Telegramm, weil ein richtiges Telegramm; Richmond, Windsor, Nelsonsäule. Soll er etwa telegraphieren, daß er sich sehnt, uns wiederzusehn? Und das wird er nicht einmal können, so riesig verwöhnt er jetzt ist. Ihr werdet euch alle sehr zusammennehmen müssen. Auch du, Melusine.«
»Natürlich, ich am meisten.«
Verlobung Weihnachtsreise nach Stechlin
Fünfundzwanzigstes Kapitel
Drei Tage später war Woldemar zurück und meldete sich für den nächsten Abend am Kronprinzenufer an. Er traf nur die beiden Damen, die, Melusine voran, kein Hehl aus ihrer Freude machten. »Papa läßt Ihnen sein Bedauern aussprechen, Sie nicht gleich heute mitbegrüßen zu können. Er ist bei den Berchtesgadens zur Spielpartie, bei der er natürlich nicht fehlen durfte. Das ist ›Dienst‹, weit strenger als der Ihrige. Wir haben Sie nun ganz allein, und das ist auch etwas Gutes. An Besuch ist kaum zu denken; Rex war erst gestern auf eine kurze Visite hier, etwas steif und formell wie gewöhnlich, und mit Ihrem Freunde Czako haben wir letzten Sonnabend eine Stunde verplaudern können. Wrschowitz war an demselben Abend auch da; beide treffen sich jetzt öfter und vertragen sich besser, als ich bei Beginn der Bekanntschaft dachte. Wer also sollte noch kommen? … Und nun setzen Sie sich, um Ihr Reisefüllhorn über uns auszuschütten; – die Füllhörner, die jetzt Mode sind, sind meist Bonbontüten, und genau so was erwart ich auch von Ihnen. Sie sollten mir in einem Briefe von den Engländerinnen schreiben. Aber wer darüber nicht schrieb, das waren Sie, wenn wir uns auch entschließen wollen, Ihr Telegramm für voll anzusehn.« Und dabei lachte Melusine. »Vielleicht haben Sie uns in unsrer Eitelkeit nicht kränken wollen. Aber offen Spiel ist immer das beste. Wovon Sie nicht geschrieben, davon müssen Sie jetzt sprechen. Wie war es drüben? Ich meine mit der Schönheit.«
»Ich habe nichts einzelnes gesehn, was mich frappiert oder gar hingerissen hätte.«
»Nichts einzelnes. Soll das heißen, daß Sie dafür das Ganze beinah bewundert haben, will also sagen, die weibliche Totalität?«
»Fast könnt ich dem zustimmen. Ich erinnere mich, daß mir vor Jahr und Tag schon ein Freund einmal sagte, ›in der ganzen Welt fände man, Gott sei Dank, schöne Frauen, aber nur in England seien die Frauen überhaupt schön‹.«
»Und das haben Sie geglaubt?«
»Es liegt eigentlich schlimmer, gnädigste Gräfin. Ich hab es nicht geglaubt; aber ich hab es, meinem Nichtglauben zum Trotz, nachträglich bestätigt gefunden.«
»Und Sie schaudern nicht vor solcher Übertreibung?«
»Ich kann es nicht, so sehr ich gerade hier eine Verpflichtung dazu fühle …«
»Keine Bestechungen.«
»Ich soll schaudern vor einer Übertreibung,« fuhr Woldemar fort. »Aber Sie werden mir, Frau Gräfin, dies Schaudern vielleicht erlassen, wenn ich Erklärungen abgegeben haben werde. Der Englandschwärmer, den ich da vorhin zitierte, war ein Freund von zugespitzten Sätzen, und zugespitzte Sätze darf man nie wörtlich nehmen. Und am wenigsten auf diesem diffizilen Gebiete. Nirgends in der Welt blühen Schönheiten wie die gelben Butterblumen übers Feld hin; wirkliche Schönheiten sind schließlich immer Seltenheiten. Wären sie nicht selten, so wären sie nicht schön, oder wir fänden es nicht, weil wir einen andern Maßstab hätten. All das steht fest. Aber es gibt doch Durchschnittsvorzüge, die den Typus des Ganzen bestimmen, und diesem Maße nicht geradezu frappierender, aber doch immerhin noch sehr gefälliger Durchschnittsschönheit, dem bin ich drüben begegnet.«
»Ich laß es mit dieser Einschränkung gelten, und Sie werden in Papa, mit dem wir oft darüber streiten, einen Anwalt für Ihre Meinung finden. Durchschnittsvorzüge. Zugegeben. Aber was sich darin ausspricht, das beinah Unpersönliche, das Typische …«
Melusine schrak in diesem Augenblick leise zusammen, weil sie draußen die Klingel gehört zu haben glaubte. Wirklich, Jeserich trat ein und meldete: Professor Cujacius. »Um Gottes willen,« entfuhr es der Gräfin, und die kleine Pause benutzend, die ihr noch blieb, flüsterte sie Woldemar zu: »Cujacius … Malerprofessor. Er wird über Kunst sprechen; bitte, widersprechen Sie ihm nicht, er gerät dabei so leicht in Feuer oder in mehr als das.« Und kaum, daß Melusine soweit gekommen war, erschien auch schon Cujacius und schritt unter rascher Verbeugung gegen Armgard auf die Gräfin zu, dieser die Hand zu küssen. Sie hatte sich inzwischen gesammelt und stellte vor: »Professor Cujacius, … Rittmeister von Stechlin.« Beide verneigten sich gegeneinander, Woldemar ruhig, Cujacius mit dem ihm eignen superioren Apostelausdruck, der, wenn auch ungewollt, immer was Provozierendes hatte. »Bin,« so ließ er sich mit einer gewissen Kondescenz vernehmen, »durch Gräfin Melusine ganz auf dem Laufenden. Abordnung, England, Windsor. Ich habe Sie beneidet, Herr Rittmeister. Eine so schöne Reise.«
»Ja, das war sie, nur leider zu kurz, so daß ich intimeren Dingen, beispielsweise der englischen Kunst, nicht das richtige Maß von Aufmerksamkeit widmen konnte.«
»Worüber Sie sich getrösten dürfen. Was ich persönlich an solcher Reise jedem beneiden möchte, das sind ausschließlich die großen Gesamteindrücke, der Hof und die Lords, die die Geschichte des Landes bedeuten.«
»All das war auch mir die Hauptsache, mußt es sein. Aber ich hätte mich dem ohnerachtet auch gern um Künstlerisches gekümmert, speziell um Malerisches. So zum Beispiel um die Schule der Präraffaeliten.«
»Ein überwundener Standpunkt. Einige waren da, deren Auftreten auch von uns (ich spreche von den Künstlern meiner Richtung) mit Aufmerksamkeit und selbst mit Achtung verfolgt wurde. So beispielsweise Millais …«
»Ah, der. Sehr wahr. Ich erinnere mich seines bedeutendsten Bildes, das leider nach Amerika hin verkauft wurde. Wenn ich nicht irre, zu einem enormen Preise.«
Cujacius nickte. »Mutmaßlich das vielgefeierte ›Angelusbild‹, was Ihnen vorschwebt, Herr Rittmeister, eine von Händlern heraufgepuffte Marktware, für die Sie glücklicherweise den englischen Millais, will also sagen den ›ais‹-Millais, nicht verantwortlich machen dürfen. Der Millet, der für eine, wie Sie schon bemerkten, lächerlich hohe Summe nach Amerika hin verkauft wurde, war ein ›et‹-Millet, Vollblutpariser oder wenigstens Franzose.«
Woldemar geriet über diese Verwechslung in eine kleine Verlegenheit, die Damen mit ihm, alles sehr zur Erbauung des Professors, dessen rasch wachsendes Überlegenheitsgefühl unter dem Eindruck dieses Fauxpas immer neue Blüten übermütiger Laune trieb. »Im übrigen sei mir's verziehen,« fuhr er, immer leuchtender werdend, fort, »wenn ich mein Urteil über beide kurz dahin zusammenfasse: ›sie sind einander wert,‹ und die zwei großen westlichen Kulturvölker mögen sich darüber streiten, wer von ihnen am meisten genasführt wurde. Der französische Millet ist eine Null, ein Zwerg, neben dem der englische vergleichsweise zum Riesen anwächst, wohlverstanden vergleichsweise. Trotzdem, wie mir gestattet sein mag zu wiederholen, war er zu Beginn seiner Laufbahn ein Gegenstand unsrer hiesigen Aufmerksamkeit. Und mit Recht. Denn das Präraffaelitentum, als dessen Begründer und Vertreter ich ihn ansehe, trug damals einen Zukunftskeim in sich; eine große Revolution schien sich anbahnen zu wollen, jene große Revolution, die Rückkehr heißt. Oder wenn Sie wollen ›Reaktion‹. Man hat vor solchen Wörtern nicht zu erschrecken. Wörter sind Kinderklappern.«
»Und dieser englische Millais, – den mit dem französischen verwechselt zu haben ich aufrichtig bedaure, – dieser ›ais‹-Millais, dieser großer Reformer, ist, wenn ich Sie recht verstehe, sich selber untreu geworden.«
»Man wird dies sagen dürfen. Er und seine Schule verfielen in Excentricitäten. Die Zucht ging verloren, und das straft sich auf jedem Gebiet. Was da neuerdings in der Welt zusammengekleckst wird, zumal in der schottischen und amerikanischen Schule, die sich jetzt auch bei uns breitzumachen sucht, das ist der Überschwang einer an sich beachtenswerten Richtung. Der Zug, der unter Mitteldampf gut und erfreulich fuhr, unter Doppeldampf (und das reicht noch nicht einmal aus) ist er entgleist; er liegt jetzt neben den Schienen und pustet und keucht. Und ein Jammer nur, daß seine Heizer nicht mit auf dem Platze geblieben sind. Das ist der Fluch der bösen Tat … ich verzichte darauf, in Gegenwart der Damen das Zitat zu Ende zu führen.«
Eine kleine Pause trat ein, bis Woldemar, der einsah, daß irgendwas gesagt werden müsse, sich zu der Bemerkung aufraffte: »Von Neueren hab ich eigentlich nur Seestücke kennen gelernt; dazu die Phantastika des Malers William Turner, leider nur flüchtig. Er hat die ›drei Männer im feurigen Ofen‹ gemalt. Stupend. Etwas Großartiges schien mir aus seinen Schöpfungen zu sprechen, wenigstens in allem, was das Kolorit angeht.«
Ofen
»Eine gewisse Großartigkeit,« nahm Cujacius mit lächelnd überlegener Miene wieder das Wort, »ist ihm nicht abzusprechen. Aber aller Wahnsinn wächst sich leicht ins Großartige hinein und düpiert dann regelmäßig die Menge. Mundus vult decipi. Allem vorauf in England. Es gibt nur ein Heil: Umkehr, Rückkehr zur keuschen Linie. Die Koloristen sind das Unglück in der Kunst. Einige wenige waren hervorragend, aber nicht parceque, sondern quoique. Noch heute wird es mir obliegen, in unserm Verein über eben dieses Thema zu sprechen. Gewiß unter Widerspruch, vielleicht auch unter Lärm und Gepolter; denn mit den richtigen Linien in der Kunst sind auch die richtigen Formen in der Gesellschaft verloren gegangen. Aber viel Feind, viel Ehr, und jede Stelle verlangt heutzutage ihren Mann von Worms, ihren Luther. ›Hier stehe ich.‹ Am elendesten aber sind die paktierenwollenden Halben. Zwischen schön und häßlich ist nicht zu paktieren.«
»Und schön und häßlich,« unterbrach hier Melusine (froh, überhaupt unterbrechen zu können), »war auch die große Frage, die wir, als wir Sie begrüßen durften, eben unter Diskussion stellten. Herr von Stechlin sollte beichten über die Schönheit der Engländerinnen. Und nun frag ich Sie, Herr Professor, finden auch Sie sie so schön, wie einem hierlandes immer versichert wird?«
»Ich spreche nicht gern über Engländerinnen,« fuhr Cujacius fort. »Etwas von Idiosynkrasie beherrscht mich da. Diese Töchter Albions, sie singen so viel und musizieren so viel und malen so viel. Und haben eigentlich kein Talent.«
»Vielleicht. Aber davon dürfen Sie jetzt nicht sprechen. Bloß das eine: schön oder nicht schön?«
»Schön? Nun denn ›nein‹. Alles wirkt wie tot. Und was wie tot wirkt, wenn es nicht der Tod selbst ist, ist nicht schön. Im übrigen, ich sehe, daß ich nur noch zehn Minuten habe. Wie gerne wär ich an einer Stelle geblieben, wo man so vielem Verständnis und Entgegenkommen begegnet. Herr von Stechlin, ich erlaube mir, Ihnen morgen eine Radierung nach einem Bilde des richtigen englischen Millais zu schicken. Dragonerkaserne, Hallesches Tor, – ich weiß. Übermorgen laß ich die Mappe wieder abholen. Name des Bildes: ›Sir Isumbras.‹ Merkwürdige Schöpfung. Schade, daß er, der Vater des Präraffaelitentums, dabei nicht aushielt. Aber nicht zu verwundern. Nichts hält jetzt aus, und mit nächstem werden wir die Berühmtheiten nach Tagen zählen. Tizian entzückte noch mit hundert Jahren; wer jetzt fünf Jahre gemalt hat, ist altes Eisen. Gnädigste Gräfin, Komtesse Armgard … Darf ich bitten, mich meinem Gönner, Ihrem Herrn Vater, dem Grafen, angelegentlichst empfehlen zu wollen.«
Woldemar, die Honneurs des Hauses machend, was er bei seiner intimen Stellung durfte, hatte den Professor bis auf den Korridor geleitet und ihm hier den Künstlermantel umgegeben, den er, in unverändertem Schnitt, seit seinen Romtagen trug. Es war ein Radmantel. Dazu ein Kalabreser von Seidenfilz.
»Er ist doch auf seine Weise nicht übel,« sagte Woldemar, als er bei den Damen wieder eintrat. »An einem starken Selbstbewußtsein, dran er wohl leidet, darf man heutzutage nicht Anstoß nehmen, vorausgesetzt, daß die Tatsachen es einigermaßen rechtfertigen.«
»Ein starkes Selbstbewußtsein ist nie gerechtfertigt,« sagte Armgard, »Bismarck vielleicht ausgenommen. Das heißt also in jedem Jahrhundert einer.«
»Wonach Cujacius günstigstenfalls der zweite wäre,« lachte Woldemar. »Wie steht es eigentlich mit ihm? Ich habe nie von ihm gehört, was aber nicht viel besagen will, namentlich nachdem ich Millais und Millet glücklich verwechselt habe. Nun geht alles so in einem hin. Ist er ein Mann, den ich eigentlich kennen müßte?«
»Das hängt ganz davon ab,« sagte Melusine, »wie Sie sich einschätzen. Haben Sie den Ehrgeiz, nicht bloß den eigentlichen alten Giotto von Florenz zu kennen, sondern auch all die Giottinos, die neuerdings in Ostelbien von Rittergut zu Rittergut ziehn, um für Kunst und Christentum ein übriges zu leisten, so müssen Sie Cujacius freilich kennen. Er hat da die große Lieferung; ist übrigens lange nicht der Schlimmste. Selbst seine Gegner, und er hat deren ein gerüttelt und geschüttelt Maß, gestehen ihm ein hübsches Talent zu; nur verdirbt er alles durch seinen Dünkel. Und so hat er denn keine Freunde, trotzdem er beständig von Richtungsgenossen spricht und auch heute wieder sprach. Gerade diese Richtungsgenossen aber hat er aufs entschiedenste gegen sich, was übrigens nicht bloß an ihm, sondern auch an den Genossen liegt. Gerade die, die dasselbe Ziel verfolgen, bekämpfen sich immer am heftigsten untereinander, vor allem auf christlichem Gebiet, auch wenn es sich nicht um christliche Dogmen, sondern bloß um christliche Kunst handelt. Zu des Professors Lieblingswendungen zählt die, daß er ›in der Tradition stehe‹, was ihm indessen nur Spott und Achselzucken einträgt. Einer seiner Richtungsgenossen – als ob er mich persönlich dafür hätte verantwortlich machen wollen – fragte mich erst neulich voll ironischer Teilnahme: ›Steht denn Ihr Cujacius immer noch in der Tradition?‹ Und als ich ihm antwortete: ›Sie spötteln darüber, hat er denn aber keine?‹ bemerkte dieser Spezialkollege: ›Gewiß hat er eine Tradition, und das ist seine eigne. Seit fünfundvierzig Jahren malt er immer denselben Christus und bereist als Kunst-, aber fast auch schon als Kirchenfanatiker die ihm unterstellten Provinzen, so daß man betreffs seiner beinah sagen kann: Es predigt sein Christus allerorten, ist aber drum nicht schöner geworden.‹«
»Melusine, du darfst so nicht weitersprechen,« unterbrach hier Armgard. »Sie wissen übrigens, Herr von Stechlin, wie's hier steht, und daß ich meine ältere Schwester, die mich erzogen hat (hoffentlich gut), jetzt nachträglich mitunter meinerseits erziehen muß.« Dabei reichte sie Melusine die Hand. »Eben erst ist er fort, der arme Professor, und jetzt schon so schlechte Nachrede. Welchen Trost soll sich unser Freund Stechlin daraus schöpfen? Er wird denken, heute dir, morgen mir.«
»Du sollst in allem recht haben, Armgard, nur nicht in diesem letzten. Schließlich weiß doch jeder, was er gilt, ob er geliebt wird oder nicht, vorausgesetzt, daß er ein Gentleman und nicht ein Gigerl ist. Aber Gentleman. Da hab ich wieder die Einhakeöse für England. Das Schönheitskapitel ist erledigt, war ohnehin nur Kaprize. Von all dem andern aber, das schließlich doch wichtiger ist, wissen wir noch immer so gut wie gar nichts. Wie war es im Tower? Und hab ich recht behalten mit Traitors Gate?«
»Nur in einem Punkt, Gräfin, in Ihrem Mißtrauen gegen meine Phantasie. Die versagte da total, wenn es nicht doch vielleicht an der Sache selbst, also an Traitors Gate, gelegen hat. Denn an einer anderen Stelle konnt ich mich meiner Phantasie beinah berühmen und am meisten da, wo (wie mir übrigens nur zu begreiflich) auch Sie persönlich mit so viel Vorliebe verweilt haben.«
»Und welche Stelle war das?«
»Waltham-Abbey.«
»Waltham-Abbey. Aber davon weiß ich ja gar nichts. Waltham-Abbey kenn ich nicht, kaum dem Namen nach.«
»Und doch weiß ich bestimmt, daß mir Ihr Herr Papa gerade am Abend vor meiner Abreise sagte: ›das muß Melusine wissen; die weiß ja dort überall Bescheid und kennt, glaub ich, Waltham-Abbey besser als Treptow oder Stralau.‹«
»So bilden sich Renommees,« lachte Melusine. »Der Papa hat das auf gut Glück hin gesagt, hat bloß ein beliebiges Beispiel herausgegriffen. Und nun diese Tragweite! Lassen wir das aber und sagen Sie mir lieber: was ist Waltham-Abbey? Und wo liegt es?«
»Es liegt ganz in der Nähe von London und ist eine Nachmittagsfahrt, etwa wie wenn man das Mausoleum in Charlottenburg besucht oder das in der Potsdamer Friedenskirche.«
»Hat es denn etwas von einem Mausoleum?«
»Ja und nein. Der Denkstein fehlt, aber die ganze Kirche kann als ein Denkmal gelten.«
»Als ein Denkmal für wen?«
»Für König Harald.«
»Für den, den Editha Schwanenhals auf dem Schlachtfelde von Hastings suchte?«
»Für denselben.«
»Ich habe während meiner Londoner Tage das Bild von Horace Vernet gesehn, das den Moment darstellt, wo die schöne Col de Cygne zwischen den Toten umherirrt. Und ich erinnre mich auch, daß zwei Mönche neben ihr herschritten. Aber weiter weiß ich nichts. Und am wenigsten weiß ich, was daraus wurde.«
»Was daraus wurde, – das ist eben der Schlußakt des Dramas. Und dieser Schlußakt heißt Waltham-Abbey. Die Mönche, deren Sie sich erinnern und die da neben Editha herschritten, das waren Waltham-Abbeymönche, und als sie schließlich gefunden hatten, was sie suchten, legten sie den König auf dichtes Baumgezweig und trugen ihn den weiten Weg bis nach Waltham-Abbey zurück. Und da begruben sie ihn.«
»Und die Stätte, wo sie ihn begruben, die haben Sie besucht?«
»Nein, nicht sein Grab; das existiert nicht. Man weiß nur, daß man ihn dort überhaupt begrub. Und als ich da, die Sonne ging eben unter, in einem uralten Lindengange stand, zwischen Grabsteinen links und rechts, und das Abendläuten von der Kirche her begann, da war es mir, als käme wieder der Zug mit den Mönchen den Lindengang herauf, und ich sah Editha und sah auch den König, trotzdem ihn die Zweige halb verdeckten. Und dabei (wenn auch eigentlich der Papa schuld ist und nicht Sie, Gräfin) gedacht ich Ihrer in alter und neuer Dankbarkeit.«
»Und daß Sie mich besiegt haben. Aber das sage nur ich. Sie sagen es natürlich nicht, denn Sie sind nicht der Mann, sich eines Sieges zu rühmen, noch dazu über eine Frau. Waltham-Abbey kenn ich nun, und an Ihre Phantasie glaub ich von heut an, trotzdem Sie mich mit Traitors Gate im Stich gelassen. Daß Sie nebenher noch, und zwar Armgard zu Ehren, in Martins le Grand waren, dessen bin ich sicher und ebenso, daß Sie Papas einzige Forderung erfüllt und der Kapelle Heinrichs VII. Ihren Besuch gemacht haben, diesem Wunderwerk der Tudors. Welchen Eindruck hatten Sie von der Kapelle?«
»Den denkbar großartigsten. Ich weiß, daß man die herabhängenden Trichter, die sie ›Tromben‹ nennen, unschön gefunden hat; aber ästhetische Vorschriften existieren für mich nicht. Was auf mich wirkt, wirkt. Ich konnte mich nicht satt sehen daran. Trotzdem, das Eigentlichste war doch noch wieder ein andres und kam erst, als ich da zwischen den Sarkophagen der beiden feindlichen Königinnen stand. Ich wüßte nicht, daß etwas je so beweglich und eindringlich zu mir gepredigt hätte wie gerade diese Stelle.«
»Und was war es, was Sie da so bewegte?«
»Das Gefühl: ›zwischen diesen beiden Gegensätzen pendelt die Weltgeschichte.‹ Zunächst freilich scheinen wir da nur den Gegensatz zwischen Katholizismus und Protestantismus zu haben, aber weit darüber hinaus (weil nicht an Ort und Zeit gebunden) haben wir bei tiefergehender Betrachtung den Gegensatz von Leidenschaft und Berechnung, von Schönheit und Klugheit. Und das ist der Grund, warum das Interesse daran nicht ausstirbt. Es sind große Typen, diese feindlichen Königinnen.«
Beide Schwestern schwiegen. Dann sagte Melusine, der daran lag, wieder ins Heitere hinüber zu lenken: »Und nun, Armgard, sage, für welche von den beiden Königinnen bist du?«
»Nicht für die eine und nicht für die andre. Nicht einmal für beide. Gewiß sind es Typen. Aber es gibt andre, die mir mehr bedeuten, und, um es kurz zu sagen, Elisabeth von Thüringen ist mir lieber als Elisabeth von England. Andern leben und der Armut das Brot geben – darin allein ruht das Glück. Ich möchte, daß ich mir das erringen könnte. Aber man erringt sich nichts. Alles ist Gnade.«
»Du bist ein Kind,« sagte Melusine, während sie sich mühte, ihrer Bewegung Herr zu werden. »Du wirst noch Unter den Linden für Geld gezeigt werden. Auf der einen Seite die ›Mädchen von Dahomey‹, auf der andern du.«
Stechlin ging. Armgard gab ihm das Geleit bis auf den Korridor. Es war eine Verlegenheit zwischen beiden, und Woldemar fühlte, daß er etwas sagen müsse. »Welche liebenswürdige Schwester Sie haben.«
Armgard errötete. »Sie werden mich eifersüchtig machen.«
»Wirklich, Komtesse?«
»Vielleicht … Gute Nacht.«
Eine halbe Stunde später saß Melusine neben dem Bett der Schwester, und beide plauderten noch. Aber Armgard war einsilbig, und Melusine bemerkte wohl, daß die Schwester etwas auf dem Herzen habe.
»Was hast du, Armgard? Du bist so zerstreut, so wie abwesend.«
»Ich weiß es nicht, aber ich glaube fast …«
»Nun was?«
»Ich glaube fast, ich bin verlobt.«